Berichte von 10/2019

Über den Volcán Mombacho, die Laguna de Apoyo und Masaya

Sonntag, 20.10.2019

Wie der Titel dieses Blogeintrags vielleicht schon verrät, habe ich in den letzten drei Wochen endlich ein paar Ausflüge außerhalb Granadas unternommen. Es hat ein paar Wochen gedauert, bis ich mich aufraffen konnte, alleine auf Tagestouren außerhalb Granadas zu gehen, aber inzwischen habe ich gefallen daran gefunden und es ist tatsächlich sehr entspannt, mich nur nach meinen eigenen Bedürfnissen richten zu müssen.  

Mein erster Ausflug ging also zum Vulkan Mombacho. Wie im vorherigen Blogeintrag schon mal beschrieben, liegt dieser vor den Toren Granadas und ist innerhalb einer Viertelstunde mit dem Bus zu erreichen. Da ich leider nicht wusste, an welchem Ort der richtige Bus abfährt, wendete ich mich an einen Taxifahrer, der mich zum richtigen Ort bringen wollte. Während ich im Taxi saß, erklärte mir der Fahrer allerdings ausführlich, weshalb ich lieber mit ihm zum Mombacho fahren sollte, es sei viel bequemer und praktischer als der Bus. Ich versuchte einzuwenden, dass es sicherlich auch teurer sei als der Bus, aber schließlich überredete er mich doch, was wohl auch größtenteils daran lag, dass ich sprachlich mal wieder an meine Grenze gestoßen war (An dieser Stelle sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass taxifahren hier eine beliebte Form des öffentlichen Nahverkehrs innerhalb einer Stadt ist und (preislich) nicht mit dem Taxifahren in Deutschland zu vergleichen ist, fährt man jedoch in eine andere Stadt, so ist es eher üblich mit dem Bus zu fahren). Also fuhr ich ganz dekadent mit dem Taxi an der Eingangspforte zum Mombacho vor. Ich versicherte dem Fahrer, dass ich ihn anrufen würde, wenn ich wieder zurückfahren wollte, fasste aber heimlich den Entschluss, zumindest die Rückfahrt mit dem Bus anzutreten. Für meine Wanderung hatte ich die Möglichkeit, zwischen drei Pfaden zu wählen. Der einfachste Pfad war für jeden empfohlen, konnte ohne Guide begangen werden, dauerte allerdings auch nur ca. 45 Minuten. Der mittlere Pfad war schon für sportlichere Menschen ausgelegt, konnte auf Wunsch mit einem Guide begangen werden und sollte etwa 2 Stunden dauern. Der schwerste Pfad war nur für erfahrene und sportliche Menschen empfohlen, durfte ausschließlich mit Guide begangen werden und sollte um die 4 Stunden dauern. Ich entschied mich für den mittleren Weg, da ich realistisch genug war, um zu wissen, dass ich ungeeignet für den schweren Weg wäre, aber mehr sehen wollte, als der einfache Weg anbot. Auf der Ladefläche eines SUVs fuhr ich den steilen Weg hinauf zum Anfangspunkt der Wanderwege. Gemeinsam mit zwei französischen Touristen und einem Guide, welcher kurzerhand entschied, dass wir geeignet wären für den schwersten aller Pfade, wanderte ich los. Auf die schöne Umgebung konnte ich nicht wirklich achten, da ich immerzu damit beschäftigt war, meine Füße zu beobachten, um nicht hinzufallen. Bei unseren kurzen Verschnaufpausen erblickte ich viele schöne Pflanzen- und Blumenarten, besonders die Orchideen fielen mir ins Auge. Dauerhaft waren die nicht allzu weit entfernten Brüllaffen zu hören und wir wanderten durch einen toten Wald, der sich sehr von der restlichen Landschaft unterschied. Zwischendurch hatte ich immer wieder das Bedürfnis mich auf dem Boden zusammenzurollen und aufzugeben, keinem meiner Wegbegleiter schien der Weg so zuzusetzen wie mir. Aber bei unserer Umrundung des Vulkankraters, wurde ich mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt. Für den Rückweg nach Granada teilte ich mir dann ein Taxi mit den beiden Franzosen, weshalb ich leider immer noch nicht weiß, wo der Bus fährt. Aufgrund schlimmer Wadenschmerzen und eines fetten Sonnenbrandes konnte ich noch die ganze Woche von meinem schönen Ausflug zehren. Aber mal im Ernst: es war alle Anstrengungen wert!

 

 

Für meinen nächsten Trip entschied ich mich also für ein etwas entspannteres Programm, und da bot sich die Laguna de Apoyo geradezu an. Hierbei handelt es sich um einen Kratersee, also einen See inmitten eines Vulkankraters. Das Wasser ist sehr klar und um die 27 ° warm. Neben einem öffentlichen Strand, gibt es rund um die Lagune zahlreiche Hotels und Restaurants, die ihre Besucher mit Liegestühlen, Hängematten, Cocktails und Kajakfahrten locken. Besonders viel habe ich über diesen Tag eigentlich nicht zu berichten; ich bin geschwommen, mit einem Kajak gefahren, habe in der Hängematte ein Buch gelesen, Pizza gegessen, frische Smoothies getrunken und mich gefühlt wie im Urlaub. In einem Kratersee zu schwimmen fühlt sich merkwürdig gut an. Übrigens hat es dieses Mal auch mit dem Busfahren geklappt, da es ein Bus in die andere Richtung war, bei dem ich zufällig die Haltestelle kenne. Leider lässt der Bus einen nur an der Abzweigung zur Hauptstraße raus und den Rest des Weges muss man dann wieder mit dem Taxi zurücklegen (oder mit einem anderen Bus, der aber nur 2 mal am Tag fährt), also doch wieder nichts gespart.

 

Mein dritter Ausflug war erst gestern und führte mich nach Masaya. Ehrlich gesagt hatte ich gar keinen Trip geplant. Ich lief ein wenig ziellos durch die Stadt, und als ein Bus mit der Aufschrift Masaya an mir vorbeifuhr, dachte ich mir „wieso nicht“ und stieg ein. In Masaya angekommen, wusste ich dann erst nicht so recht wo hin, bin also zum Parque Central gefahren, das ist immer ein guter Anlaufpunkt. Von da aus lief ich zum Mercardo de Artesanias und wurde nicht enttäuscht: Stand an Stand reihte sich aneinander mit gemalten Bildern, bedruckten T-Shirts, Schmuck, Ledertaschen, Musikinstrumenten, Statuen, Holzschnitzereien und allerlei kleinen Kunstwerken. Dort habe ich mich sehr lange aufgehalten, es gab einfach so viel zu sehen. Und ich weiß nun, wo ich meine Souvenirs am besten kaufen kann. Für mich selbst habe ich ein T-Shirt gekauft mit dem Aufdruck „diacachimba“, was so viel heißt wie „super“ oder „cool“, und wohl nur in Nicaragua gebräuchlich ist. Im Anschluss war ich in einer Cafetín essen, in der es so große Portionen gab, dass ich wohl drei Tage davon hätte essen können. Kugelrund machte ich mich dann auf den Rückweg nach Granada und besichtigte dort noch zum Abschluss des Tages den Kirchturm der Iglesia la Merced, von dem man einen tollen Ausblick über die Stadt hat. Wieder zuhause angekommen, schlug ich meinen Reiseführer auf und fand heraus, dass das wohl nicht mein letzter Ausflug nach Masaya gewesen sein würde, denn natürlich hat die Stadt neben ihrem Kunstmarkt (und dem Vulkan, von dem ich aber schon vorher wusste) noch einiges mehr zu bieten.

 

Da ich unter der Woche jeden Tag von 9:00 - 15:00 Uhr arbeite, beschränken sich meine Ausflüge auf das Wochenende. Diese Mischung aus Arbeitsalltag und Urlaub gefällt mir sehr gut und ich könnte mich durchaus daran gewöhnen (mal sehen wie lange mein Geldbeutel das mitmacht)! In einem nächsten Blogeintrag werde ich euch vielleicht mal ein bisschen mehr über meinen Alltag hier erzählen. 

Bis dahin, adios amigos. 

Landeskunde und Corazón Contento

Dienstag, 01.10.2019

Liebe Leute die meinen Blog lesen,

Als ich meinen Freunden und Verwandten erzählte, dass ich wieder einen Freiwilligendienst machen würde, und zwar dieses Mal in Nicaragua, war die Reaktion eigentlich fast immer gleich: die meisten freuten sich sehr für mich, einige sorgten sich auch um mich (Grüße gehen raus an meine Mutter ♥) und dann fingen die Fragen an: Wo liegt Nicaragua überhaupt und welche Sprache spricht man da? Wie lange fliegt man da hin, ist es da sicher und wie bist du überhaupt auf Nicaragua gekommen? Einige hatten sowieso noch nie etwas über Nicaragua gehört und die, die schon mal etwas gehört haben, wissen vielleicht trotzdem nicht allzu viel über das Land. Deshalb möchte ich meinen heutigen Blogeintrag gerne mit ein wenig Landeskunde beginnen.

Nicaragua ist mit seinen ca. 130.000 km² zwar das flächenmäßig größte, mit seinen 6 Millionen Einwohnern aber nicht das einwohnerstärkste Land in Mittelamerika. Es ist Teil der Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika, grenzt im Süden an Costa Rica, im Norden an Honduras, im Westen an den Pazifik und im Osten an die Karibik. Amtssprache ist Spanisch, in weiten Teilen des Landes werden aber auch indigene Sprachen gesprochen, wie z. B. Miskito. Die Hauptstadt Nicaraguas heißt Managua und ist auch gleichzeitig die größte Stadt des Landes. Granada, die Stadt, in der ich lebe, ist mit ihren ca. 100.000 Einwohnern eine mittelgroße Stadt, die besonders bekannt ist für ihre schönen, bunten Kolonialhäuser. Genau wie die meisten anderen Länder Lateinamerikas, war auch Nicaragua für etwa 300 Jahre der spanischen Kolonialmacht unterworfen (die Karibikküste stand für 200 Jahre unter britischem Einfluss), bis das Land im Jahr 1821 seine Unabhängigkeit erlangte (1838 offiziell anerkannt).

Besonders bekannt ist Nicaragua heute für seine einzigartige Natur. Aus meinem Reisführer habe ich erfahren, dass es auch das Land der tausend Vulkane genannt wird. In Wahrheit gibt es aber „nur“ 19 Vulkane, von denen 6 aktiv sind. Das Land ist von vielen Flüssen und Seen durchzogen, die insgesamt mehr als 9000 km² der Landesfläche einnehmen. Der Nicaragua-See, auch Cocibolca genannt, ist mit 8000 km² das größte Binnengewässer Zentralamerikas. Der östliche Teil des Landes ist mit tropischem Regenwald bedeckt und eine der regenreichsten Regionen der Welt. Es gibt 78 Naturschutzgebiete, zahlreiche Lagunen, Wälder und Berge. Die Flora und Fauna ist in Nicaragua besonders vielfältig, dank der verschiedenen Lebensräume, die durch Vulkane, Berge, Seen, Lagunen und Wälder geboten werden.

Während ich das schreibe, bekomme ich richtig Lust das ganze Land zu bereisen. Für das kommende Wochenende habe ich einen kleinen Ausflug zum Vulkan Mombacho geplant, der liegt nur etwa 12 km entfernt von Granada, man kann ihn von hier aus auch sehr gut sehen, egal wo man sich befindet. Es handelt sich zwar um einen aktiven Vulkan, jedoch ist er seit 1570 nicht mehr ausgebrochen. In meinem nächsten Blogeintrag werdet ihr sicher mehr darüber erfahren.

 

Das war ein sehr schneller und sehr oberflächlicher Einblick in das Land, das ich gerade besser kennenlerne und eigentlich könnt ihr das auch alles auf Wikipedia und diversen anderen Seiten nachlesen. In Zukunft möchte ich natürlich einen persönlicheren Einblick bieten, möchte aber noch einmal daran erinnern, dass alles was ich erlebe, subjektiv von mir wahrgenommen wird und daraus keine allgemeinen Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Genug Landeskunde für heute! Denn eigentlich wollte ich noch von Corazón Contento berichten, meiner Arbeitsstelle hier. Corazón Contento ist eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Neben einer Schule und Berufsvorbereitungsklassen, werden auch Psychotherapie, Physiotherapie und Reittherapie angeboten. Insgesamt werden etwa 200 (Klein-)Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Zentrum betreut; in den Schul- und Berufsvorbereitungsklassen sind aber deutlich weniger Teilnehmer. Bei Corazón Contento werden Menschen mit allen Arten von Behinderung betreut; von Autismus und Trisomie 21, über Zerebralparese, bis zu Dyskalkulie und Dyslexie. Seit knapp einem Monat arbeite ich nun schon bei Corazón Contento, ich habe die meisten Schüler*innen näher kennengelernt und bin nun dabei, eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Mit meinen Kolleg*innen verstehe ich mich auch gut und trotz der Sprachschwierigkeiten beziehen sie mich immer mit ein. Mein Arbeitstag geht von 9:00-15:00 Uhr. Vormittags beschäftige ich mich mit 4 Schüler*innen, die alle eine Form von Zerebralparese haben. Alle haben unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, sind in ihrer Bewegung und ihrer Sprache jedoch eingeschränkt und benötigen deshalb mehr Aufmerksamkeit als der normale Unterricht ihnen bieten kann. Die Zusammenarbeit macht mir sehr viel Spaß, hat mir allerdings auch mal wieder die Grenzen meines Studiums aufgezeigt. Denn auch, wenn ich theoretisch vielleicht schon mal etwas von Zerebralparese gehört habe, so habe ich praktisch jedoch keine Ahnung, wie ich hier am besten fördern kann. Zum Glück bin ich im Zentrum aber nicht allein und alle sind mir immer gerne mit ihren Ideen und Erfahrungen behilflich. Nachmittags unterstütze ich dann immer abwechselnd zwei Lehrer in ihren Klassen. Meistens arbeiten wir künstlerisch oder handwerklich; wir stellen Papier her, bemalen die Wände, knüpfen Armbänder, basteln Schlüsselanhänger, stellen Wein her, usw. Jeden Dienstag fahre ich mit Patricia (der Direktorin von Corazón Contento) und einigen Schüler’innen zum Reiten. Das ist mein Arbeitsalltag.

Wenn ich nicht gerade arbeite, verbringe ich viel Zeit bei meiner Gastfamilie. Ich wurde hier sehr herzlich von Martha (meiner Gastmutter), Rosa (meiner Gastoma) und meinen drei Gastgeschwistern Cory (1), Brica (8) und Andrés (17) aufgenommen. Auch wenn wir (noch) nicht viel miteinander sprechen können, ist es hier immer lustig. Im Haus ist sowieso immer viel los, abgesehen von Andrés und Bricas Freund*innen und der Babysitterin für Cory, die jeden Tag hier sind, treffe ich ständig neue Leute an und habe keine Ahnung wer sie sind und was sie hier machen.

Abgesehen von meinem Spanischunterricht zweimal die Woche, habe ich noch keine Hobbys hier (1. Kann man Spanischunterricht als Hobby bezeichnen? Und 2. Ist das kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich in Deutschland irgendwie auch keine Hobbys habe). Da ich allerdings ganz alleine hier bin und gerne Leute kennenlernen möchte, erachte ich es als Sinnvoll, mir eine Beschäftigung zu suchen, abgesehen von meinen planlosen Wanderungen durch die Stadt. Alle die mich gut kennen, werden jetzt wahrscheinlich lachen, aber ich ziehe ernsthaft Sport in Betracht und das bei diesen Temperaturen – ¡loca! Ob es jemals dazu kommen wird steht in den Sternen, ich halte euch auf dem Laufenden. 

¡Hasta pronto!